Jedoch der schrecklichste der Schrecken, das ist der Mensch in seinem Wahn. Friedrich Schiller
Hypnose ist – entgegen vieler Annahmen – kein Sonderzustand des Bewusstseins. Tatsächlich ist Hypnose ein alltäglicher Bewusstseinszustand, der jeden betrifft. Trotz einer zunehmend differenzierten Berichterstattung über Hypnose in den Medien herrscht in der Öffentlichkeit immer noch ein Jahrmarkts-Image vor, das Hypnose mit einem merkwürdigen Zustand der Fremdbeeinflussung, der Willenlosigkeit und absurden Handlungen gleichsetzt, wie beispielsweise dem Genuss des Verzehrs einer Zwiebel in dem Glauben, sie sei ein Apfel.
Die eigentlichen Potentiale der Hypnose liegen jedoch in völlig anderen, geradezu entgegengesetzten Bereichen, nämlich in der Förderung tieferer Erkenntnis, Individualität und einer gesunden, freien Lebensgestaltung (siehe auch weitere Beiträge auf dieser Seite).
Dennoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Hypnose tatsächlich auch als Grundlage für weitreichende Fremdbeeinflussungen dienen kann und als solche intensiv genutzt wird, allerdings weniger effektiv von Jahrmarkts- oder Disco-Hypnotiseuren, sondern vielmehr von maßgeblichen gesellschaftlichen Instanzen. Es ist nicht hilfreich, dies zu bestreiten, wie es einige Fachleute immer wieder tun, zuletzt mit dem Argument, Menschen könnten sich in Hypnose nicht zu Marionetten machen lassen. Leider lassen sie das durchaus zu, und zwar erschreckend leicht, wie beispielsweise jede Militärparade bestätigt. Selbst Einstein erkannte dies – als Nichtfachmann – treffend, als er sagte, dass Menschen, die im Gleichschritt nach Militärmusik marschieren, kein Großhirn benötigen, da das Rückenmark ausreicht. Das Rückenmark ist entwicklungsgeschichtlich der älteste Bereich des Nervensystems, und tatsächlich ist die Hypnose der Bewusstseinszustand dieser alten Bereiche. Sie bildet somit auch die Grundlage für alle Herdenverhaltensmuster, wie beispielsweise das erwähnte militärische.
Solche archaischen Herdenverhaltensmuster lassen sich im wahrsten Wortsinn furchtbar leicht hervorrufen, wie es jeder Krieg und andere epidemisch auftretende Wahnideen zeigen. Ein gemeinsames Kennzeichen solcher via Herden-Hypnose etablierter Suggestionen sind von Obrigkeiten verordnete, irreale, unkorrigierbare, nach außen abgeschottete, aber innerhalb der Herde normentsprechende und daher intern unauffällige Wahnvorstellungen. Beispiele hierfür sind Überzeugungen wie die, dass die Russen, Juden, Muslime, Kommunisten usw. Feinde seien, dass die westliche Atomtechnologie sicher sei, dass ein Kirchenchef unfehlbar sei, dass das Klima durch die Industrieemissionen und Urwaldrodungen nicht verändert werde, und vieles mehr.
Weiterhin ist diesen Wahnsystemen gemeinsam, dass das Denken über wesentliche Inhalte ihren Führern vorbehalten ist und dass diese in für den Normalbürger unerreichbaren Regionen angesiedelt werden: der Heilige Geist (bzw. sein irdischer Stellvertreter, der gottberufene Führer, Kaiser, Ayatollah, die unfehlbare Wissenschaft usw.). In derartigen Herden-Strukturen erkennen wir den aus der tiefen Hypnose vertrauten Umstand wieder, dass die Weltwahrnehmung nur durch Vermittlung des Hypnotiseurs erfolgt, ähnlich wie in der natürlichen Hypnose der frühen Kindheit durch die Mutter (siehe “Das große Handbuch der Hypnose”).
Die Entmündigung unserer Gesellschaft durch sogenannte Fachleute, die ohne Kontrolle durch den gesunden Menschenverstand und unter Missachtung der vitalen Grundrechte des Einzelnen ihre zerstörerischen Planspiele betreiben, entspricht ebenfalls einer solchen Verherdung. Trotz anders lautendem Grundgesetz, wonach der oberste Souverän das Volk ist, werden Volksentscheide zu wesentlichen Fragen (z. B. Atomenergie) juristisch verhindert. Selbst wenn das Volk Parteien wählt, die seinen Wünschen entsprechende Wahlversprechen abgeben, werden diese postwendend gebrochen. Das hypnotische Herdenverhalten zeigt sich dann darin, dass nur sehr wenige ernsthaft protestieren. Kein Generalstreik fegt die Wortbrüchigen aus ihren angemaßten Posten und niemand führt sie der Tat entsprechenden Strafen zu. Vielmehr können sie sich darauf verlassen, dass der Herdenmensch schnell vergisst und sich wieder von der Alltagshypnose mit Hollywood, Fußball und ähnlichem einlullen lässt.
Die Herden-Hypnose beinhaltet überdies eine weitgehende Regression auf die etwa 500 Millionen Jahre alte Entwicklungsstufe des Reptilhirns (Hirnstamm) bzw. des Säugetierhirns (limbisches System). Die Reptilhirnfunktion unterliegt nicht den differenzierenden Einflüssen des Großhirns. Das Reptilhirn, einmal dominant, unterdrückt die Großhirnimpulse, was bedeutet, dass sich ein Reptilhirnbedürfnis gegen anderslautende Tendenzen des Großhirnbewusstseins durchsetzt. Ein Beispiel hierfür ist, dass bei Eßsüchtigen am kalten Buffet der Reptilhirnhungertrieb gegen den Willen, abzunehmen, obsiegt.
Es funktioniert in Borderline-Kategorien (Schwarz-Weiß-Kategorien) wie Hunger oder Sättigung, Schlaf oder Vigilanz, Artgenosse oder Opfer Feind. Es kennt weder Sinn noch Ethik, wie die historischen Tragödien von Auschwitz, Dresden, Hiroshima, dem Kosovo und Nordirland sowie die weltweit jährlich auf etwa 3 Millionen geschätzten Krebstoten belegen. Letztere verdanken ihre Krankheit dem Fallout und der Strahlung aus den Tests atomarer Massenmordinstrumente und dem Betrieb von Atomkraftwerken.
Vergleichsweise harmlos sind viele andere Herdenverhaltensweisen, wie beispielsweise im Zusammenhang mit Fußballklubs, Jugendszenen, angesagten Labels bei Kleidung, Lifestyle-Vorgaben, Trendmusik, Zigarettenkonsum und anderen Gruppenfixierungen. Noch viel harmloser ist die Zwiebel-Apfel-Verwechslung in der Schauhypnose.
Die Herden-Hypnose hat eine Variante in der Idol-Hypnose. Ob Boris Becker, Lady Di, der Schauspieler X, die Künstlerin Y oder der Chefarzt aus der Schwarzwaldklinik: Alle Idole dienen der mehr oder weniger bewussten Identifikation (Selbstgleichsetzung). Die Identifikation mit den Idolen entspricht der Leitbullen-Identifikation bei der Herden-Hypnose und dient dazu, sich als akzeptiertes Teil einer Gewinnergruppe oder als der Gewinner (Leitbulle) selbst zu fühlen (oder auch als Herausforderer, Rächer der Unterlegenen usw.). Sicherheit und Akzeptanz, die in unserer Kultur kaum vermittelt werden, sollen auf diesem Weg nachgeholt werden, was allerdings nicht gelingen kann.
Der wirkungsvollste Weg, Menschen in diese krankhafte Bedürfnishaltung zu bringen, ist, ihnen tiefe Ängste einzupflanzen. Dadurch werden sie leicht steuerbar (suggestibel) und beherrschbar. Dies geschieht bereits in der Kindheitshypnose durch die kulturspezifische Bedingungsakzeptanz und die Abwertung der Körperlichkeit und der Sexualität als Sünde. Das Kind erlebt die Sexualität der Eltern als okkultes Tabu oder gar nicht, während es zum Beispiel gewaltfördernde Kriegsspielzeuge (und entsprechende Fernsehsendungen) ungehemmt vorgesetzt bekommt, sogar als Geschenk zum Fest des Friedens (siehe das Kapitel “Sexualität – Macht – Gewalt” in meinem Buch “Krebs, eine mystifizierte Krankheit”).
Die hieraus resultierenden früh anerzogenen Ängste werden im Laufe des Lebens zwar rational meist beiseitegelegt, wirken jedoch aus dem Unbewussten weiter. Ebenso wirkt die militaristische Früherziehung unbewusst weiter, und anstelle der nicht erlernten liebevollen Zuwendung tritt oft die gut antrainierte Aggression oder Autoaggression, also eine hypnotisch geprägte Empfindungs- und Verhaltensweise. Auf diese Weise kann die gesamte Lebensgestaltung behindert werden, und auf diesem Boden können schwerste Erkrankungen entstehen.
Die Transporteure suggestiver Botschaften an die Allgemeinheit treten heute nicht mehr so offen suggestiv auf wie Goebbels und andere. Sehr viel anschaulicher, unauffälliger, suggestiv eingängiger und wirksamer werden die erwünschten Inhalte in Serienfilmen à la Hollywood verpackt oder über gleichgeschaltete, nichtssagende Nachrichtensendungen usw. vermittelt. Anstatt über politische Hintergründe und wahnhafte Pläne, bei denen es um Massenmordübungen für Abermillionen von Menschen geht (die dies auch noch mit ihren eigenen Steuergeldern finanzieren), erfährt die Öffentlichkeit in den Nachrichten von Katastrophen, Rentenplänen usw., und vergleichsweise banalen Absurditäten, zum Beispiel wer bei welchem Fußballspiel in welcher Minute einen Ball an die Latte oder in das Tor geschossen hat (panem et circenses).
Das Fernsehgerät ist dabei zu einem der Hauptsuggestoren geworden. Das bewegte Bild fesselt aufgrund eines archaischen Reflexes die Aufmerksamkeit in besonderem Maße und führt zudem durch seine Wirkung als monotoner Dauerreiz zu einer relativ tiefen Hypnose, in der jede Information direkt in das ungeschützte Unbewusste einsickert. Da die meisten Medien in den Händen machtkonformer Finanzmagnaten konzentriert sind, besteht hier ein gut funktionierendes hypnotisch-suggestives Selbsterhaltungssystem.
Verschiedenste, ineinander verflochtene Mechanismen sorgen also dafür, dass der normale Alltagsmensch zeitlebens – beginnend mit der systemkonformen Erziehung und Ausbildung, und weiterhin bis zum Sterben, in allen wesentlichen Entscheidungen an den unterschwelligen Wertvorgaben seiner Kultur orientiert – in eine fremdbestimmte Dauerhypnose eingebunden bleibt, die er nicht erkennen kann.
Paradoxerweise hält er diese Dauerhypnose für sein selbst bestimmtes Leben. Er kann ja wählen, in welchem exotischen Land inklusive Hotel mit westlichem Standard, er sich von Animateuren aus dem Sessel bewegen lässt, um sich dann wieder den reichhaltigen Buffets zu widmen; er kann wählen, mit welchem Bekleidungs- und Parfum-Label er seine Kaufkraft und seine Zugehörigkeit zur In-Szene beweist und mit welchem Hund er seine Macht demonstriert und seine Akzeptanzbedürfnisse befriedigt; er kann wählen zwischen 50 und mehr Fernsehprogrammen, in denen er seine unterdrückten Sehnsüchte und Aggressionen zumindest ersatzweise via Identifikation ausleben lässt. Er kann auch wählen zwischen mehreren politischen Parteien, die sich, einmal im Amt, den jeweils selben ökonomisch diktierten und oft lebensfeindlichen Vorgaben beugen.
Hingegen würde ein wirklich selbst bestimmtes menschliches Dasein dadurch ausgezeichnet, dass es einen individuellen Lebensweg geht, auf dem der Mensch sein eigenes Wesen erkennt und zur Entfaltung bringt, selbstverständlich nicht gegen sondern mit seiner Welt und mit den nahestehenden Menschen. Dies ist jedoch schon ohne die massiven Wirkungen der beschriebenen Fremdbestimmungsmechanismen schwer zu erreichen, und mit diesen Einflüssen fast unmöglich. Oft führt erst ein Bruch in der glatten Vorgabe der privaten, gesundheitlichen, beruflichen und sozialen Karriere zum Erwachen.
Schutz vor der alltäglichen Massensuggestion und die Möglichkeit zum Verlassen der Dauerhypnose bietet nur das Erkennen aller Schlüsselreize und Mechanismen, die in diese Automatismen hineinführen. Dazu ist es unerlässlich, mehr über die eigenen unbewussten Seelenanteile zu erfahren und die Funktion der tieferen Gehirnschichten, das heißt, die Gesetze der Hypnose und der Tiefenpsychologie, zu verstehen. Erst dann öffnet sich der Weg zu einer Lebensführung, in der sich Menschen ohne fremdsuggerierte Rollen, die sie mit sich selbst verwechseln, wirklich tief begegnen und frei entwickeln können.
Eine zusätzliche Schwierigkeit liegt darin, dass sich der Mensch heute in seiner Entwicklung zur seelisch-geistigen Freiheit an einem besonderen Wendepunkt befindet, an dem er zwei schlecht miteinander harmonierende Bedingungen zu vereinbaren hat: Er trägt einerseits als Erblast seiner körperlichen Evolution noch die hypnotischen Bewusstseinsebenen der alten, auch der tierischen, Gehirnschichten in sich und ist damit allen diesbezüglichen Einflüssen und Schlüsselreizen gegenüber relativ offen, hat aber ihre bewusste, konstruktive Nutzung weitgehend verlernt. Andererseits ist ihm im Laufe der Entwicklung seines rationalen Gehirns (mit der Spezialisierung der linken Großhirnhemisphäre), während der diese alten Ebenen aus dem Bewusstsein verdrängt wurden, zugleich auch die Instinktsicherheit des Tieres verloren gegangen, und der direkte Zugang zu den wertvollen hypnotischen Kommunikationsebenen wurde in das Unbewusste abgesenkt.
In dieser Spannung zwischen noch nicht erworbener neuer Freiheit und dem Verlust alter, wesentlicher und teilweise überlebensnotwendiger Wahrnehmungs- und Bewusstseinsebenen steht der heutige Mensch im Überlebenskampf gegen sich selbst. Er kann diese Phase nur überwinden, wenn er sein noch sehr mangelhaftes rationales Bewusstsein so stark verbessert, dass er nicht mehr sein beschränktes Laboratoriumsweltbild mit der Welt verwechseln muss, um darauf seine illusionäre, vermeintliche Sicherheit aufzubauen. Es darf dann kein Ignorieren, Verdrängen und Wegrationalisieren all dessen mehr erfolgen, was seine Modelle sprengt und seinem beschränkten Weltzugang verborgen ist, sondern er muss den Mut haben, sich mit einem neuen Selbstbewusstsein und einem neuen Weltbewusstsein einer neuen erweiterten und wirklich offenen Wissenschaft zu stellen.
Sein neues Bewusstsein muss die hypnotischen Ebenen und Kommunikationskanäle wieder erwerben, um die seelisch-geistige Dimension in ihrer ganzen Individualität zu einer ganzheitlichen Synthese mit dem Rationalen und Messbaren zu führen. Diese Integration wird dann zwangsläufig die letztlich unberechenbare Wiederverbindung von Subjekt und Objekt, von Ich, Du und Welt mit sich bringen.
Seine neue Wissenschaft muss sich demgemäß in der bewussten Offenheit und Unsicherheit bewähren und behaupten, und seine Sicherheit muss aus höheren Quellen fließen.
Die Aufgabe des heutigen Menschen besteht vor allem immer noch darin, Mensch zu werden, sich hin zu entwickeln zu einem Menschen mit wirklicher Freiheit und Ethik. Menschwerdung kann nur über die Bewusstwerdung seiner selbst erfolgen. Diese gelingt nur auf der Basis der Selbstakzeptanz, und diese wiederum braucht die Hypnose, die Tiefenpsychologie und die Geisteswissenschaft, um zu erkennen, was es zu akzeptieren gilt. Und es ist jeder selbst, der sich selbst zu akzeptieren hat, als Mensch und als Individuum. Keinerlei institutionelle Massensuggestion kann dazu irgendeinen Beitrag leisten. Wohl aber könnte es Aufgabe der entsprechenden Institutionen sein, eine freie geistige Heimat anzubieten.
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